10 Irrtümer in der Ausbildung

Die Handwerkskammer Berlin hat in ihrem Mitgliedermagazin "Berlin-Brandenburgisches Handwerk" unlängst einen Beitrag zum Thema "Die 10 größten Irrtümer in der Ausbildung" veröffentlicht. Da dies u. E. auch für alle anderen Ausbildungsbetriebe der Kooperation interessant sein könnte, haben wir im Einverständnis mit dem Urheber diesen Beitrag teilweise übernommen und auf die speziellen Besonderheiten im Zahntechniker-Handwerk zugeschnitten.

1. Irrtum: Nur für Damen

Bei der Ausbildung von Mädchen benötigt der Betrieb unbedingt eine extra Toilette oder einen separaten Umkleideraum nur für Damen.
Richtig ist: Der Gesetzgeber schreibt dies nicht vor, sondern empfiehlt: Die Toilette und die Umkleideräume müssen abschließbar und die Nutzung für die weiblichen Azubis ohne "Zaungäste" möglich sein.

2. Irrtum: Kündigung des Lehrlings ist jederzeit möglich

Richtig ist: In der Probezeit, die mind. ein, max. vier Monate dauert, ist eine Kündigung ohne Angaben von Gründen schriftlich und fristlos möglich.
Nach der Probezeit ist es hingegen nicht möglich, ohne Begründung ordentlich zu kündigen auch nicht für den Lehrling. Zusätzlich gilt, je weiter das Ausbildungsverhältnis fortgeschritten ist, desto schwieriger ist es, einem Auszubildenden eine Kündigung auszusprechen. Vor jedem Ausspruch einer Kündigung, auch während der Probezeit, einen Blick in den Ausbildungsvertrag werfen: Steht dort etwas von einer Kündigungsfrist während der Probezeit, ist diese auch einzuhalten.

3. Irrtum: Lehrjahre sind keine Herrenjahre

Richtig ist: Der Ausbildungsbetrieb muss selbstverständlich auch dem Lehrling Überstunden bezahlen.
Auch bei betrieblichen Engpässen sollten Sie nicht vergessen, dass Lehrlinge eine Ausbildung machen, um zu lernen und nicht, um als vollwertige Arbeitskraft eingesetzt zu werden. Die vertragliche Ausbildungszeit ist für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte ausreichend.
Lehrlinge können freiwillig Überstunden machen. Minderjährige dürfen allerdings nicht mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten. Bei über 18-jährigen gilt das Arbeitszeitgesetz.
Überstunden müssen bezahlt werden oder mit Freizeit ausgeglichen werden.

4. Irrtum: Das Gesellenstück gehört dem Lehrling

Richtig ist: Der Betrieb stellt das Material und die Werkzeuge für die Prüfung. Während in den meisten Handwerksberufen das Gesellenstück auf jeden Fall dem Lehrling gehört, da dieser während der Prüfung den Aufwand der Herstellung übernimmt und somit einen höheren Wert schafft, bleibt im Zahntechniker-Handwerk das Gesellenstück in aller Regel im Eigentum des Ausbildungsbetriebes, da der Wert des zur Verfügung gestellten Materials den Wert der Verarbeitung erheblich übersteigt.
Sinnvoll ist es, diesen Sachverhalt frühzeitig mit dem Lehrling zu kommunizieren und somit eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden (z.B. Übernahme der Materialkosten, wenn das Gesellenstück beim Lehrling verbleiben soll).

5. Irrtum: Ausbildungsfremde Tätigkeiten sind unproblematisch

In manchen Betrieben kursiert die Einstellung: Es hat noch niemandem geschadet, neben der Ausbildung auch noch andere Tätigkeiten im Betrieb kennenzulernen.
Richtig ist: Der Ausbilder darf dem Lehrling nur Arbeiten auftragen, die dem Ausbildungszweck dienen. Ausbildungsfremde Tätigkeiten, wie regelmäßige Botendienste oder das Putzen der Toilette gehören nicht dazu. Sicherlich ist die Grenze nicht immer eindeutig und klar. So gehört das Reinigen der Waschbecken z.B. selbstverständlich zum Sauberhalten des Arbeitsplatzes.
Bedenken Sie bitte, dass das regelmäßig Übertragen von ausbildungsfremden Tätigkeiten zu Demotivation und Frust und nicht zur Identifizierung mit dem Betrieb führt.

6. Irrtum: Nach dem Nicht-Bestehen der Gesellenprüfung braucht der Betrieb den Ausbildungsvertrag nicht zu verlängern

Richtig ist: In diesem Fall liegt die Entscheidung beim Lehrling. Dieser kann eine Verlängerung der Ausbildungszeit (bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr) verlangen, er muss dies aber nicht. Der Ausbildungstrieb hingegen muss der Verlängerung zustimmen. Sollte sich der Lehrling gegen eine Verlängerung entscheiden, läuft der Ausbildungsvertrag mit dem Vertragsende aus.

7. Irrtum: Der Lehrling hat im Betrieb einen hohen Schaden verursacht, dieser kann ihm von der Ausbildungsvergütung abgezogen werden

Richtig ist: Grundsätzlich ist ein Abzug nicht möglich, da die Ausbildungsvergütung in der Regel nicht pfändbar ist. Um einen Schadensersatz verlangen zu können, müssen die Umstände überprüft werden. Wurde z.B. die Aufsichtspflicht verletzt, ist der Schaden durch grobe Fahrlässigkeit oder unzureichende Anweisung entstanden etc. Wichtig ist deshalb, den Lehrling mit den Aufgaben zu betrauen, denen er gewachsen ist.

8. Irrtum: Unentschuldigte Fehlzeiten können von der Ausbildungsvergütung oder vom Urlaub abgezogen werden

Richtig ist: Die Ausbildungsvergütung muss der Ausbildungsbetrieb nur für die geleistete Ausbildungszeit zahlen einschließlich der Zeiten für die Freistellung für den Besuch von Berufsschule und Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung. Unentschuldigte Fehlzeiten müssen demnach nicht vergütet werden. Vom Urlaub können die unentschuldigten Fehlzeiten hingegen nicht abgezogen werden.

9. Irrtum: Der Lehrling kann über einen längeren Zeitraum allein in den Betriebsräumen sein

Richtig ist: Der Lehrling, auch wenn er bereits im letzten Ausbildungsjahr lernt, ist noch kein Geselle, sondern muss noch bis zur bestandenen Prüfung ausgebildet werden. Der verantwortliche Ausbilder muss dem Lehrling Fragen beantworten, ihn in Arbeitsabläufe einweisen und die Arbeitsergebnisse kontrollieren und deshalb anwesend sein. Es genügt nicht, dass der Lehrling im Betrieb von Praktikanten oder Ungelernten betreut wird.

10. Irrtum: Der Berufsausbildungsvertrag endet mit dem im Vertrag vereinbarten Datum

Richtig ist: Der Ausbildungsvertrag endet mit der Frist, die im Vertrag steht bzw. mit dem letzten Prüfungstag (normalerweise 28.2. / 31.8.), sofern dieser Termin vor dem vertraglich vereinbarten Ende der Ausbildung liegt. Sollten Sie den Lehrling nach der Bekanntgabe der bestandenen Prüfung weiter beschäftigen, sind Sie ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem ehemaligen Lehrling eingegangen (siehe dazu auch "der artikulator" 01/2012). Planen Sie frühzeitig gemeinsam mit Ihrem Lehrling, wie es nach der Ausbildung weitergehen soll.

Für diese und weitere Rechtsfragen stehen Ihnen die Rechtsanwälte der Kooperation, Fr. Judith Behra, Tel. 030 393 50 36 und Hr. Holger Helmers, Tel. 040 - 355 34 30 gern zur Verfügung.

Quelle: Berlin-Brandenburgisches Handwerk, Ausgabe 12/2012, Seiten 32, 33

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